Wann spricht man von Sucht?

Der Begriff „Sucht“ wird im allgemeinen Sprachgebrauch häufig – und oft auch übermässig – verwendet, und das in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen. Doch ob eine Substanz im Spiel ist (z. B. Alkohol) oder nicht (z. B. Geldspiele), es gibt eine Vielzahl von Abstufungen und Konsummustern. Diese sollten berücksichtigt werden, bevor man von „Sucht“ spricht. Die allgemein anerkannte Abstufung sieht folgendermassen aus:

1.) Verhalten mit geringem Risiko:

Konsum/Verhalten gilt dann als risikoarm, wenn massvoll und an die jeweilige Situation angepasst konsumiert wird, im Einklang mit dem sozialen Leben, ohne negative Konsequenzen für die betroffene Person oder ihr Umfeld.

2.) Risikoverhalten:

Kann der betroffenen Person oder ihrem Umfeld schaden. Es äussert sich in folgenden Formen:

  • Exzessives Verhalten: Wiederholung oder Übermass über kurze Zeiträume (z.B. Rauschtrinken).
  • Chronisches Verhalten: Anhaltendes Verhalten mit zunehmenden negativen Folgen (z.B. täglicher Konsum)
  • Situationsunangemessenes Verhalten: Gefährdung oder Schädigung der betroffenen Person oder Dritter durch ein dem Kontext nicht angepasstes Verhalten (z.B. Konsum in Schwangerschaft).

3.) Sucht

  • ein unwiderstehliches Verlangen (Craving), eine Substanz zu konsumieren oder ein bestimmtes Verhalten zu wiederholen,
  • eine verminderte Fähigkeit zur Kontrolle des Konsums,
  • das Auftreten von Entzugssymptomen
  • eine steigende Toleranz, die dazu führt, dass die Dosis erhöht werden muss, um die gleiche Wirkung zu erzielen,
  • die Fortsetzung des Konsums oder Verhaltens trotz negativer Konsequenzen und auf Kosten anderer Interessen.

Eine Suchterkrankung kann nur von einer medizinischen Fachperson diagnostiziert werden.

Was sind die verschiedenen Suchtformen?

Dieser Abschnitt verweist auf allgemeine Informationen zu einer Vielzahl bestehender suchtbezogener Verhaltensweisen: Beschreibung, Wirkungen und Risiken, Konsumverhalten und Folgen usw. Die folgenden Inhalte behandeln daher nicht spezifisch den Zusammenhang zwischen einem bestimmten Suchtverhalten und der Arbeitswelt.
Dennoch können die meisten der genannten Themen früher oder später auch am Arbeitsplatz eine Rolle spielen.

Leugnen

Viele Menschen gestehen sich lange Zeit nicht ein, dass sie ein Konsumproblem haben. Sie streiten das Problem ab, nicht nur vor anderen, sondern auch vor sich selbst. Dieses Leugnen ist Teil einer Reihe von psychischen Abwehrmechanismen.

Übermässiger Konsum (z.B. Alkohol) wird oft verharmlost und das Problem so geleugnet. „Ich trinke nicht mehr als die anderen.“ „Ich trinke nie am Morgen.“ „Nur am Wochenende.“ „Ich trinke nie ausser Haus.“ etc. Andere Formen der Abwehr sind Schuldzuweisungen an andere („Ich trinke, weil die mich entlassen haben.“), Ablenkungsversuche („Nicht der Alkoholkonsum ist mein Problem, sondern meine Depressionen.“), Aggressivität („Mein Konsum geht niemanden etwas an!“).

Psychische Abwehrmechanismen sind nicht krankhaft, sondern gehören zur psychischen „Grundausstattung“ jedes Menschen. Sie werden unbewusst gegenüber störenden inneren und äusseren Ereignissen angewendet und sollen vor Angstgefühlen schützen.

Bei einem Konsumproblem dient das Leugnen dazu, nicht mit einer Tatsache konfrontiert zu werden, die bedrohlich und schwer zu akzeptieren ist: Die Tatsache, dass man einen problematischen Konsum oder gar ein Suchtverhalten hat. Die betroffene Person weigert sich, den Konsum in seinem ganzen Ausmass anzuerkennen.

Diese Realitätsverleugnung tangiert oft den gesamten privaten und beruflichen Alltag und beeinträchtigt die Beziehungen zu anderen Menschen. Eine Person, die die Kontrolle völlig verloren hat, wird häufig der Lüge bezichtigt.

Diese Form der Stigmatisierung hat ihren Ursprung darin, dass die betroffene Person nicht in der Lage ist, sich der Realität zu stellen. Sie verheimlicht sich selbst und anderen das Ausmass ihrer Schwierigkeiten. Je mehr man versucht, die Person dazu zu bringen, ihre Situation „einzugestehen“, desto stärker verstärkt sich ihr Verleugnen. Sie versucht zu beschwichtigen, auszuweichen, herumzureden oder die Situation vollständig zu leugnen.