Mögliche Massnahmen
Damit die betriebliche Suchtprävention wirksam ist, darf sie sich nicht auf eine einzelne Massnahme beschränken. Idealerweise werden verschiedene Massnahmen miteinander kombiniert.
Die nachfolgende Liste bietet einige Ansatzpunkte, die Sie in Ihrem Unternehmen erkunden können.
Die Einführung einer Unternehmenspolitik zum Umgang mit Suchtmitteln ist ein zentraler und strukturierender Ausgangspunkt für jedes Unternehmen. Sie trägt dazu bei, Erwartungen zu klären, einen gemeinsamen Rahmen zu schaffen und zu zeigen, dass das Unternehmen dieses Thema ernst nimmt – und dies mit einer Haltung der Fürsorglichkeit verbindet.
Jedes Unternehmen funktioniert auf Basis formeller Regeln (z. B. das Verbot des Substanzkonsums am Arbeitsplatz oder in Gemeinschaftsbereichen) und informeller Praktiken (wie gesellige Momente, bei denen gemeinsam konsumiert wird). Es ist daher notwendig zu prüfen, ob diese Praktiken mit den angestrebten Präventionsbemühungen im Einklang stehen.
Damit das Vorgehen wirksam ist, müssen die Regeln bekannt, verstanden und eingehalten werden. Sie sollten zudem transparent kommuniziert werden – einschliesslich der möglichen Konsequenzen bei Nichteinhaltung.
Diese Regeln basieren auf einem grundlegenden Ziel: dem Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und des Gleichgewichts innerhalb der Arbeitsteams.
Die wichtigsten Elemente sind:
- Regeln zum Suchtmittelkonsum (vor und/oder während der Arbeitszeit)
- Zugang zu Suchtmitteln im Unternehmen (z.B. Kantine, in Gemeinschaftsräumen)
- Stellenwert des Konsums bei Anlässen, die vom Unternehmen organisiert werden (Aperitifs, Abschiedsfeiern, Betriebsfeste usw.)
- Vorgehensweisen bei Schwierigkeiten und Auffälligkeiten
- Unterstützungsangebote für betroffene Personen
- Konsequenzen bei Nichteinhaltung
Beispiele:
- Kein Suchtmittelkonsum während Arbeitszeiten und Mittagspause
- Kooperationsvereinbarungen mit regionalen Suchtfachstellen, an die sich Mitarbeitende und Führungskräfte in schwierigen Situationen wenden können
- Stufenplan mit geregelten Verantwortlichkeiten bei Auffälligkeiten
- Alkoholfreie Apéros und/oder Bereitstellen von attraktiven alkoholfreien Drinks
- Keine alkoholischen Getränke in Kantine, keine Alkohol-Vorräte in Gemeinschaftsräumen oder Büros
- Eingeschränkte Raucherzonen, idealerweise ausserhalb der gängigen Gemeinschaftsbereiche
Die unten aufgeführten Massnahmen «2. Gestaltung von Firmenanlässen», «3. Früherkennung und Begleitung», «4. Zusammenarbeit mit externen Partnern» und «5. Wiedereingliederung» können unter auch in eine solche Unternehmenspolitik einfliessen.
Gesellige Momente sind wichtig für den Zusammenhalt, können jedoch auch bestehende Konsumnormen verstärken. Wird die Organisation von Apéros, Abschiedsfeiern oder Betriebsfesten überdacht, sendet dies ein klares Signal: Alle sind willkommen – ohne Konsumdruck.
Attraktive alkoholfreie Getränke anzubieten, das Rahmenprogramm zu variieren und unterschiedliche Formen des Zusammenseins zu fördern, sind einfache Wege, um solche Anlässe inklusiver zu gestalten.
Beispiele:
- Einrichtung einer Mocktail-Bar beim jährlichen Firmenfest.
- Organisation eines gemeinsamen Ausflugs ins Freie als Alternative zum traditionellen, alkohollastigen Apéro.
- Einführung einer Regel, dass bei jedem Anlass mindestens 50 % alkoholfreie Getränke angeboten werden.
Je früher eine Schwierigkeit erkannt und angegangen wird, desto grösser sind die Chancen auf eine erfolgreiche Bewältigung.
Massnahmen zur Früherkennung von Risikosituationen – wie regelmässige Gespräche, Beobachtungsinstrumente oder HR-Indikatoren – ermöglichen ein Eingreifen, bevor sich Probleme verschärfen.
Die Begleitung kann verschiedene Formen annehmen: aktives Zuhören, Kontaktvermittlung zu externen Fachstellen oder eine vorübergehende Anpassung der Arbeitsbedingungen.
Solche Vorgehensweisen zeigen, dass das Unternehmen die Augen nicht verschliesst, sondern respektvoll und vorausschauend handelt.
Beispiele:
- Nach vermehrten unvorhergesehenen Absenzen, ein vertrauliches Gespräch mit dem Arbeitsärztlichen Dienst vorschlagen.
- Zusammenarbeit mit einer externen Beratungsstelle, um Mitarbeitenden, die Unterstützung benötigen, eine geeignete Anlaufstelle zu bieten.
- Vorübergehende Anpassung der Aufgaben, um einer angestellten Person die Teilnahme an einer therapeutischen Behandlung zu erleichtern.
Nur selten verfügt ein Unternehmen über alle notwendigen Ressourcen, um geeignete Massnahmen eigenständig zu identifizieren, umzusetzen und deren Wirkung zu verfolgen.
Daher gibt es externe Fachstellen, die Expertise, Unterstützung und Vertraulichkeit bieten können. Dazu gehören unter anderem arbeitsmedizinische Dienste, Organisationen aus dem Suchtbereich (Prävention und Beratung), Arbeitspsychologinnen und -psychologen sowie Präventionsnetzwerke.
Durch die Zusammenarbeit mit solchen Partnern stärkt das Unternehmen die Qualität seiner Präventionsarbeit – und gewährleistet gleichzeitig den Schutz der Privatsphäre der betroffenen Personen.
Beispiele:
- Integration eines jährlichen Sensibilisierungsmoduls, das von einer regionalen Suchtpräventionsstelle durchgeführt wird.
- Beizug einer externen Fachperson, um die internen Abläufe zu evaluieren und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten.
- Kooperationsvereinbarung mit einer Suchtberatungsstelle, um bei Bedarf eine anonyme individuelle Begleitung anzubieten.
Die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einer suchtbedingten oder erschöpfungsbedingten Abwesenheit kann mit Stress verbunden sein.
Eine schrittweise Wiedereingliederung, eine wertschätzende Begleitung sowie vorübergehende Anpassungen der Arbeitsbedingungen, falls nötig, zeigen, dass das Unternehmen den Menschen in den Mittelpunkt stellt und den Genesungsprozess unterstützt.
Dies trägt zugleich dazu bei, Rückfällen vorzubeugen und die nachhaltige Stabilisierung der betroffenen Person zu fördern.
Beispiele:
- Gestaltung einer schrittweisen Rückkehr mit zunächst reduziertem Arbeitspensum für eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter, der bzw. die eine therapeutische Behandlung abgeschlossen hat.
- Ernennung einer Vertrauensperson, die den Mitarbeitenden während der ersten Wochen nach der Rückkehr begleitet.
- Vorübergehende Anpassung der Aufgaben, um einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter die Teilnahme an einer ambulanten Therapie zu ermöglichen.
Die regelmässige Information der Teams über die Risiken von Substanzkonsum (Alkohol, Cannabis, Medikamente usw.) ist entscheidend, um eine Präventionskultur zu fördern.
Ziel ist nicht zu moralisieren, sondern allen Mitarbeitenden die Möglichkeiten zu geben, Risiken für Gesundheit, Sicherheit und soziales Leben sowie die Mechanismen der Abhängigkeit besser zu verstehen. Und sich über die bestehenden internen und externen Hilfestellungen bewusst zu sein.
Diese Massnahmen können einmalig sein (z. B. ein Sensibilisierungstag) oder kontinuierlich umgesetzt werden (z. B. Plakate in Gemeinschaftsbereichen, Nachrichten im Intranet).
Beispiele:
- Jährliche Organisation eines halbtägigen Informationsanlasses über die Auswirkungen von Suchtmitteln auf die Aufmerksamkeit und berufliche Leistungsfähigkeit.
- Informationsposter zu den internen und externen Unterstützungsangeboten
- Regelmässiger Versand eines Gesundheits-Newsletters, der ein Thema den Suchtfragen widmet.
Teamverantwortliche, HR-Mitarbeitende und mittlere Führungskräfte sind oft am besten in der Lage, Verhaltensänderungen, Leistungsabfälle oder Anzeichen von Belastung zu erkennen.
Durch eine Schulung, die ihnen vermittelt, solche Frühwarnsignale wahrzunehmen, das Thema wertfrei anzusprechen und die betroffene Person an geeignete Ressourcen weiterzuleiten, erhalten sie konkrete Werkzeuge, um effektiv und menschlich zu handeln.
Die Schulung sollte zudem die Grenzen ihrer Rolle aufzeigen, um Fehlverhalten oder ungeschicktes Vorgehen zu vermeiden.
Beispiele:
- Schulung der Führungskräfte in der Gesprächsführung, um das sensible Thema mit der betroffenen Person anzusprechen.
- Organisation einer Weiterbildung zu Stress und Anzeichen von Überlastung, inklusive einer Einheit zu suchtbedingtem Verhalten.
- Coaching für Ausbildungsverantwortliche, um den richtigen Umgang mit Auszubildenden in Schwierigkeiten zu erlernen.
Die Förderung von Gesprächsmöglichkeiten über Arbeitsbedingungen, persönliche Schwierigkeiten oder das Teamklima ist sehr wertvoll. Dabei können auch Schutzfaktoren geteilt und gestärkt werden.
Solche Dialogräume können in Form von Einzelgesprächen, Austauschgruppen oder Workshops unter externer Moderation stattfinden.
Sie helfen, Spannungen zu erkennen, Konflikte vorzubeugen und das Gefühl von Gehör und Wertschätzung zu stärken – alles wichtige Hebel zur Prävention von suchtbedingtem Verhalten.
Beispiele:
- Regelmässige Gesprächsworkshops unter Leitung einer Fachperson für Arbeitsgesundheit.
- Einführung einer Feedback-Kultur, die es Mitarbeitenden erlaubt über ihre Arbeitserfahrungen zu sprechen.
- Einrichtung einer Ideenbox und Durchführung von Rückkehrgesprächen nach Abwesenheiten, um den Dialog zu fördern.
Das Auftreten suchtbedingten Verhaltens, das sich auf die Arbeit auswirkt, kann auch durch das Arbeitsumfeld beeinflusst werden: chronischer Stress, schwierige Arbeitszeiten, fehlende Anerkennung oder hoher Druck sind Faktoren, die eine Rolle spielen können.
Durch strukturelle Massnahmen greift das Unternehmen tiefgreifend ein: Arbeitsorganisation überdenken, bessere Arbeitslaststeuerung, Einbezug der Teams in Entscheidungsprozesse, Klärung von Rollen und Verantwortlichkeiten.
Solche Anpassungen wirken sich direkt auf die psychische Gesundheit und die Motivation der Mitarbeitenden aus.
Beispiele:
- Anpassung der Dienstpläne, um die Nachtschichten besser zu verteilen.
- Einführung verpflichtender Pausen und einer garantierten Ruhezeit zwischen den Schichten.
- Überprüfung der Quartalsziele, um die kognitive Überlastung der Teams zu reduzieren.
Ein Unternehmen, das das Wohlbefinden der Mitarbeitenden wertschätzt, sendet eine klare Botschaft: Hier wird auf das ganzheitliche Gleichgewicht der Mitarbeitenden geachtet.
Dies kann durch Massnahmen in den Bereichen Schlaf, Ernährung, Bewegung, Stress- oder Emotionsmanagement geschehen. Solche Massnahmen müssen nicht teuer sein; entscheidend sind Regelmässigkeit und Zugänglichkeit.
Indem gesunde und wertschätzende Alternativen gefördert werden, wird das Bedürfnis nach Flucht- oder Ersatzstrategien reduziert.
Beispiele:
- Wöchentliche Entspannungskurse anbieten, offen für alle Mitarbeitenden.
- Podcasts zur Stressbewältigung während besonders belastender Zeiten bereitstellen.
- Mini-Workshops zum Thema Schlaf organisieren.
Werden Sie aktiv!
Zur Orientierung kann es hilfreich sein, externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen, etwa durch Organisationen, die sich auf Suchtprävention in Unternehmen spezialisiert haben.